Grundsteuer: Neue Entwicklungen und Herausforderungen bei der Verfassungsmäßigkeit

Derzeit zeigt sich die Finanzverwaltung unwillig, die Bescheide zur Festsetzung des Grundsteuerwertes unter Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit zu erlassen.

Grundsteuer: Neue Entwicklungen und Herausforderungen bei der Verfassungsmäßigkeit

Grundsteuer (Bildquelle: iStock-1127104847, Grundsteuer)

Die Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer nimmt weiter an Fahrt auf. Trotz Reformbemühungen und gesetzlicher Anpassungen zeigt sich in der Praxis eine wachsende Unsicherheit bei Eigentümern und Vermietern. Besonders im Fokus stehen die Grundsteuerwertbescheide, deren Verfassungsmäßigkeit von vielen Seiten infrage gestellt wird.
Widerstand durch Einsprüche
Aktuell weigert sich die Finanzverwaltung, die Bescheide zur Festsetzung des Grundsteuerwertes im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit vorläufig zu erteilen. Diese Haltung führt dazu, dass viele Eigentümer vorsorglich Einspruch gegen ihre Feststellungsbescheide einlegen. Begründet werden die Einsprüche häufig mit einer möglichen Übermaßbesteuerung.
Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass das Bewertungsgesetz bei der Ermittlung des Grundsteuerwertes keinen Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes zulässt. Anders als bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer (§ 198 BewG) fehlt eine entsprechende Möglichkeit. In der Praxis können sich Übermaßbesteuerungen aus mehreren Gründen ergeben:
-Zu hohe Bodenrichtwerte
-Typisierte Mieten unter Berücksichtigung der Mietniveaustufen
-Fehlende Berücksichtigung wertmindernder Faktoren (z. B. ungünstiger Grundstückszuschnitt, Altlasten, Baumängel)
BFH stärkt Rechte der Eigentümer
Ein bedeutender Wendepunkt in der Debatte waren die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Mai 2024 (Az. II B 78/23 und II B 79/23). Der BFH entschied, dass der festgesetzte Grundsteuerwert geändert werden muss, wenn der Eigentümer nachweist, dass dieser den Verkehrswert (gemeinen Wert) des Grundstücks um mindestens 40 Prozent übersteigt.
Diese Entscheidung wurde durch die Finanzverwaltung in den Erlassen der Bundesländer vom 24. Juni 2024 aufgenommen. Dort wird bestätigt, dass der Siebente Abschnitt des Bewertungsgesetzes um eine ungeschriebene „Escape-Klausel“ ergänzt wird. Diese Klausel erlaubt eine Korrektur des Grundsteuerwertes, wenn die Differenz zum Verkehrswert entsprechend hoch ist.
Rechtslage bleibt unklar
Trotz der Anpassung durch die Finanzverwaltung bleibt die Rechtslage unsicher. Eine endgültige Entscheidung wird erst das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) treffen. Fraglich ist unter anderem:
1.Anwendbarkeit der 40-Prozent-Regelung: Wird das BVerfG die vom BFH definierte Grenze von 40 Prozent übernehmen? In Baden-Württemberg gilt beispielsweise eine Grenze von 30 Prozent im Landesgrundsteuergesetz (LGrStBW).
2.Definition des Grundsteuerwertes: Orientiert sich die Bewertung an einem gemeinen Wert (Verkehrswert) oder bleibt der Grundsteuerwert ein eigenständiger Bewertungsmaßstab?
3.Nachweispflichten der Eigentümer: Muss der Eigentümer lediglich den gemeinen Wert nachweisen, oder auch fehlerhafte Berechnungsgrundlagen, wie etwa unzulässige Mietansätze?
Folgen für Eigentümer
Für Eigentümer, die Einspruch gegen ihre Grundsteuerwertbescheide eingelegt haben, bleibt der Ausgang des Verfahrens entscheidend. Eine Änderung zugunsten der Eigentümer durch die Finanzverwaltung könnte durch das BVerfG theoretisch wieder aufgehoben werden. Allerdings wäre eine Rückabwicklung zuungunsten der Eigentümer nach § 176 AO aufgrund des Vertrauensschutzes ausgeschlossen.
Fazit
Die neue Grundsteuer bleibt ein umstrittenes Thema, das sowohl für Eigentümer als auch für Mieter weitreichende Konsequenzen hat. Während der BFH versucht, durch verfassungskonforme Auslegung mögliche Übermaßbesteuerungen zu vermeiden, bleibt abzuwarten, ob das BVerfG diesen Ansatz bestätigt. Eigentümer sollten die Entwicklung der Rechtslage aufmerksam verfolgen und gegebenenfalls rechtliche Schritte prüfen.

Wir bieten individuelle, maßgeschneiderte und passgenaue Lösungen aus einer Hand für nationale und internationale Unternehmen jeder Rechtsform und Größe, Unternehmer, Vereine, Stiftungen sowie Privatpersonen, in den Bereichen:

Wirtschaftsprüfung
Tax advice
Legal advice
Bankruptcy advice
Business advice

Firmenkontakt
FRTG Steuerberatungsgesellschaft
Thomas Kuth
Alfredstr. 157
45131 Essen
0201/822896-10
http://www.frtg-essen.de

Pressekontakt
FRTG Steuerberatungsgesellschaft
Ralf Klein
Alfredstr. 157
45131 Essen
0201/822896-22
http://www.frtg-essen.de

Effektivität Rechtsschutz gegen Grundsteuerbescheide

Effektivität Rechtsschutz gegen Grundsteuerbescheide

Rechtsschutz-Grundsteuer (Bildquelle: iStock-838787670-)

Die Finanzgerichte gewähren umfassenden Rechtsschutz gegen Grundsteuerwertbescheide, die zum 1. Januar 2022 erlassen wurden. Dabei steht der Finanzrechtsweg für alle relevanten Rechtsfragen offen, einschließlich der Einwände gegen die bewertungsrelevanten Bodenrichtwerte, ohne dass eine Klage vor den Verwaltungsgerichten erforderlich wäre.
Die Bewertungsregeln gemäß §§ 218 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG) sind verfassungskonform auszulegen, um Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, einen niedrigeren Grundstückswert nachzuweisen, der unter dem typisierten Grundsteuerwert liegt.
Ein zwingendes Wertgutachten ist nicht erforderlich, um einen niedrigeren Grundstückswert nachzuweisen.
Es bestehen ernsthafte Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse in Rheinland-Pfalz, da der Vorsitzende des Gutachterausschusses durch die Auswahl der Mitglieder und deren konkrete Besetzung Einfluss nehmen kann.
Auch bezüglich des Bediensteten der Finanzverwaltung, der zwingend im Gutachterausschuss für die Bodenrichtwertermittlung mitwirken muss, bestehen ernsthafte Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit, da die Finanzverwaltung dessen Tätigkeit im Bereich der Grundstücksbewertung jederzeit beenden und damit sein automatisches Ausscheiden aus dem Gutachterausschuss bewirken kann.
Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Vollständigkeit der Datengrundlage für die Ermittlung der Bodenrichtwerte aufgrund möglicher erheblicher Datenlücken in den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse, was zu erheblichen Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte führen könnte.
Es bestehen ernsthafte Zweifel daran, dass die neuen Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG zu einer realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung führen, die sich aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ableitet.
Der Belastungsgrund der Grundsteuer gemäß dem Grundsteuer-Reformgesetz ist aus den Regelungen des Grundsteuergesetzes (GrStG) und den §§ 218 ff. BewG nicht eindeutig erkennbar.
Die Vielzahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen in den §§ 243 ff. BewG sowie die nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke führen zu Wertverzerrungen, die gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßen.
Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit der §§ 243 ff. BewG mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, da ein gleichheitswidriges Vollzugsdefizit bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte besteht und den Gutachterausschüssen nur unzureichende rechtliche Instrumente zur Verfügung stehen, um eine effektive Sachverhaltsermittlung und Überprüfung der Angaben von Grundstückseigentümern durchzuführen, die für die Ermittlung der Bodenrichtwerte erforderlich sind.
Was bedeutet Effektivität des Rechtsschutzes?
-Verbot überlanger Verfahrensdauer
Ein grundlegendes Element der Effektivität des Rechtsschutzes ist die Einhaltung angemessener Verfahrensdauern. Wenn Gerichtsverfahren zu lange dauern, haben Bürgerinnen und Bürger das Recht, dies zu beanstanden. Diese Regelungen sind in den §§ 198 ff. des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) verankert.
-Ergänzung durch den Justizgewährungsanspruch
Neben dem Recht, staatliche Maßnahmen gerichtlich überprüfen zu lassen, das im Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes verankert ist, ist ein effektiver Rechtsschutz insbesondere in zivilrechtlichen Streitigkeiten, bei denen es oft um Auseinandersetzungen zwischen Bürgerinnen und Bürgern geht, verfassungsrechtlich geschützt. Hierbei greift der sogenannte Justizgewährungsanspruch, der aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet wird.
-Gewährleistung auch auf überstaatlicher Ebene
Die Garantie des Rechtsschutzes ist auch im europäischen Recht verankert. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein unparteiisches Gericht ist beispielsweise in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Artikel 47) festgeschrieben. Im Rahmen der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sind Fragen des effektiven Rechtsschutzes in den Artikeln 6 („Recht auf ein faires Verfahren“) und 13 („Recht auf wirksame Beschwerde“) geregelt.
-Rechtsschutz unabhängig von finanziellen Mitteln
Der Zugang zum Recht soll für alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrem Vermögen oder Einkommen offenstehen. Daher können bedürftige Personen finanzielle Unterstützung für Gerichtsverfahren erhalten, beispielsweise in Form der Prozesskostenhilfe.

Wir bieten individuelle, maßgeschneiderte und passgenaue Lösungen aus einer Hand für nationale und internationale Unternehmen jeder Rechtsform und Größe, Unternehmer, Vereine, Stiftungen sowie Privatpersonen, in den Bereichen:

Wirtschaftsprüfung
Tax advice
Legal advice
Bankruptcy advice
Business advice

Firmenkontakt
FRTG Steuerberatungsgesellschaft
Thomas Kuth
Alfredstr. 157
45131 Essen
0201/822896-10
http://www.frtg-essen.de

Pressekontakt
FRTG Steuerberatungsgesellschaft
Ralf Klein
Alfredstr. 157
45131 Essen
0201/822896-22
http://www.frtg-essen.de